Ein Reisebericht vom „Cheffe“
Vor Freude Gänsehaut, auf der Bundesstraße durchs Vogtland! Vielleicht kennen Sie das Vogtland nicht, aber als musikbegeisterter Mensch könnten Sie sich ganz bestimmt trotzdem in meine Haut hineinversetzen: Aus dem Lipperland war ich auf der B92 auf dem Weg in die vogtländische Kleinstadt Adorf und die Straße war gesäumt von Backsteingebäuden, die eigentlich völlig unscheinbar wären, wären da nicht die alten Aufschriften auf den Firmenschildern. Sie zeigen nämlich, dass hier die Wurzeln des deutschen Musikinstrumentenbaus liegen: Geigen, Celli, Klarinetten, Gitarren … – mit großer Tradition werden sie hier von Meistern ihres Fachs von Hand gefertigt.
In dieser Gegend sind seit Generationen Musiker, Instrumentenbauer, Ingenieure und Techniker zuhause, die wirklich etwas von der Herstellung von Musikinstrumenten verstehen. Weil Musiker dieses Gänsehaut-vor-Glück-Gefühl sicherlich besonders gut nachempfinden können, will ich hier von diesem Erlebnis berichten.
Der Anlass war die Hausmesse der Firma GEWA. Sie ist einer unserer wichtigsten Partner. Über 30.000 Produkte im Bereich der Streich-, Blas-, Zupf-, Tasten-, Schlag- und Percussioninstrumente werden im sächsischen Adorf hergestellt, gelagert, geliefert und geliebt. Die Firma, die 1925 von GEorg WAlter gegründet wurde, hatte im Oktober zur Messe geladen.
Als nach dem Zweiten Weltkrieg die Enteignung drohte, zog die Firma ins bayrische Mittenwald. (Für mich war GEWA deswegen immer fest mit Bayern verbunden und ich fragte mich anfänglich auch nicht, wo sich denn die Wurzeln des deutschen Instrumentenbaus befinden könnten.) Nach der „Wende“ beschloss der jetzige Geschäftsführer Hans-Peter Messner allerdings, mit allem Drum und Dran wieder zurück zu den Wurzeln zu ziehen, dahin, wo der Instrumentenbau schon immer zuhause war. Jetzt, mit diesem vogtländischen Gänsehautgefühl, kann ich diese Entscheidung unbedingt verstehen.
Aber auch wenn die Fahrt nach Adorf – kurz vor der tschechischen Grenze gelegen – für einen Nordrheinwestfalen gefühlt eine Reise ans Ende der Welt bedeutet, so liegt es doch eher im Zentrum Europas. Der Großhändler beliefert von hier aus in Windeseile über 7.000 Fachgeschäfte über den gesamten Kontinent hinweg. Und das Wissen und die Erfahrung kommen an diesem Standort nicht nur für die alten Traditionsinstrumente zum Tragen. Gleich in der Nachbarschaft befindet sich zum Beispiel ein Zulieferer, die Firma Technisat, die mit modernster Technologie die hochwertigen Platinen für die GEWA Digitalpianoserie fertigt.
Doch nicht nur geografisch liegt diese Gegend im Herzen Europas. Vor allem die Firma ist ein Spiegelbild europäischer Vielfalt. Zurück zur Hausmesse: Bei der Eröffnungsgala im mit über 350 Fachhändlern vollbesetzen Theater in Plauen stand nicht Herr Messner allein auf der großen Bühne, sondern um ihn herum waren alle Geschäftsführer der europäischen Repräsentanzen versammelt: aus Frankreich und Tschechien, Spanien und Polen, Italien und Norwegen, um nur einige zu nennen. Begrüßt wurden wir nicht nur auf Deutsch oder Englisch, sondern in allen Sprachen der Länderrepräsentanzen, und zwar persönlich von den jeweiligen Vertretern. Ein großer Moment, der zeigt, wie wunderbar europäische Zusammenarbeit und Partnerschaft funktionieren und in dieser Firma gelebt werden.
Wer uns vom Haus der Musik schon länger kennt, weiß natürlich, dass wir nicht nur mit Instrumenten handeln, für die „made in Germany“ gilt, sondern seit vielen Jahren beispielsweise auch die Produkte der Firma YAMAHA vertreiben und lieben. Wie man diese Begeisterung für die Herstellung im nahen Umfeld und die Überzeugung zusammenbringen kann, mit der wir auch Instrumente aus Fernost anbieten?
Die Musikwelt ist so vielfältig, und genau wie auf meiner kurzen Reise ins Vogtland habe ich die Leidenschaft im Instrumentenbau auch schon in Japan und Indonesien erlebt. (Im Blog ist auch dazu etwas zu finden, und zwar hier: Japan: Die Ankunft, High Quality aus Saitama, Atelier Wind Instruments Saitama, Tooyoka) und viele andere Einträge mehr). Auch dort hat mich dieses faszinierende Gänsehautgefühl gepackt. Es ist die Leidenschaft in der Herstellung, die wir in unserem Verkauf übernehmen.
Natürlich ist es verlockend und bequem, im Internet auf Produktbilder samt niedrigen Preisen zu klicken und sie ohne einen Gedanken daran, unter welchen Produktionsbedingungen die Waren entstanden sind, zu kaufen. Das gilt tagein, tagaus auch für den Musikalienbereich. Extrem schnell, unschlagbar preiswert, angeblich qualitativ hochwertig – wer kann da widerstehen? Auch wir Händler verlieren in der allgemeinen digitalen und analogen Hektik oftmals den Bezug zu unserem Handeln oder zu den Waren und Produkten. Aber spätestens, wenn man dann einmal durch das Vogtland und zu der Firma GEWA fährt, stellt sich ein anderes Gefühl ein.
Ich habe an diesem Hausmesse-Wochenende am eigenen Leibe erfahren dürfen, dass von diesen handgemachten Produkten aus der Musikwelt ein unvergleichlicher Reiz ausgeht. Eine „Made-in-Germany-Produktion“, gepaart mit einem offenen Europa, das ist die Mixtur, die unser Hersteller und Lieferant GEWA vorlebt. Und ich bin froh, dass wir diese Leidenschaft auch in den Instrumenten der japanischen Firma YAMAHA finden können. Vielleicht kommt Ihnen dies beim nächsten Mal, wenn Sie ein handgefertigtes Produkt in die Hand nehmen, auch in den Sinn: Leidenschaft erzeugt Gänsehaut.
Der „Cheffe“
alias Wolfgang Meyer
(Bildmaterial/Quelle: Danny Otto Fotografie für Musicon Valley. Und hier werden die Werkstatttüren für Musiker geöffnet: erlebniswelt-musikinstrumentenbau.de)
Am 28. Oktober 2016 um 07:28 Uhr
Hallo,
mein Kommentar dazu ist, dass ich es ähnlich empfinde wie Herr Wolfgang Meyer.
Das Vogtland baut ja auch vergessene Instrumente wie das Bandoneon.
Oder die Fa. Seydel ist im Moment so innovativ wie kein anderer Hersteller und stellt sich auf die Wünsche der Kunden ein.
Gefühle für Instrumente kriege ich in der Steiermark in Österreich.
Die steirische Harmonika ist so ein originelles Instrument und geht voll ab.
Der Instrumentenhersteller sitzt gewöhnlich im regionalen Umfeld und baut noch Einzelanfertigungen. Das sind wahre Schmuckstücke.
Gruss
Heinrich Fast
Am 25. Mai 2018 um 12:51 Uhr
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