Gegen die Goliaths! Ein kleines Fachgeschäft im Teutoburger Wald tritt gegen die Online-Riesen der Branche an – und kann sich erfolgreich gegen sie durchsetzen.
„Wir sind ein relativ kleines, schnuckeliges und überschaubares Geschäft.“ So beschreibt Wolfgang Meyer sein „Haus der Musik“, das er 1998 in Detmold gegründet hat. Sofern man bei einem Musikfachgeschäft für Noten, Instrumente und Zubehör mit 1,6 Mio. Euro Umsatz (Geschäftsjahr 2014/15) und zwölf Beschäftigten noch von „klein“ reden kann. Denn der Pfarrerssohn und ausgebildete Berufsmusiker kämpft in einem schwierigen Markt: Der Absatz von Musikinstrumenten im Einzelhandel stagniert seit Jahren und geht derzeit sogar leicht zurück. Damit könnte man leben, wäre da nicht der schleichende Wertverfall. Der ist dem harten Wettbewerb zwischen Internet-Riesen wie Thomann, Session, Music Store und anderen geschuldet, die weit über 50 Prozent des rund 1,25 Mrd. Euro schweren Musikmarkts beherrschen und versuchen, sich durch muntere Preiskämpfe gegenseitig Marktanteile abzujagen. Das kommt einem bekannt vor. Siehe Lebensmittelhandel.
Dass der 47-jährige Einzelkämpfer dennoch mithalten kann, liegt an seiner ausgeklügelten Strategie. Zum einen baut er auf ein „hybrides“ Geschäftskonzept, das stationären und Online-Handel miteinander kombiniert; zum anderen vermeidet er es, sich schwere Kostenbrocken ans Bein zu binden. Beispiel: Durch die enge Zusammenarbeit mit dem süddeutschen Grossisten Halbig, einem der führenden Großhändler in Europa, haben seine Kunden über Meyers Website (musikalienhandel.de) direkten Zugriff auf den Bestand des größten Notenlagers in Deutschland. Das heißt, er kann mehr als 110.000 unmittelbar lieferbare Notentitel anbieten, ohne eine eigene kostenspielige Logistik vorhalten zu müssen.
Hinzu kommt sein ausgeprägtes Faible für Social Networking. Das praktiziert er nicht nur virtuell über elektronische Dienste und Kanäle, sondern auch physisch vor Ort. In seinem Laden in der Detmolder Innenstadt hat er stets Kontakt mit Kunden – sei es beim Verkauf von Instrumenten samt Zubehör oder bei der Reparatur. Sein Netzwerk pflegt er überdies durch gelegentliche Workshops und Musikveranstaltungen direkt im Geschäft; nicht um Geld zu verdienen, sondern um seine Musikergemeinde zu unterstützen und zusammenzuhalten. Da tritt dann schon mal Adam Rafferty auf, der Top Fingerstyle Blues Gitarrist aus New York – „ein guter Freund des Hauses“, wie Meyer betont. „Märkte sind Gespräche und keine Internetdatenbank“, lautet seine Devise. Will heißen: Man sollte nutzen, was das Web bietet, aber mehr an den Menschen glauben, statt an Maschinen. Das ist der Grund, warum er seine Firma samt Mitarbeiter als Orchester bezeichnet. Er selbst sieht sich in diesem Ensemble als mitspielenden Dirigenten. Hierarchische Strukturen sind ihm eher fremd.
(Business Handel 05/2016, Text: Matthias Kersten)